Zu einem gewissen Teil liegt jenen für ADHS/ADS so typischen signifikanten Störungsbildern (spezifischen Defiziten oder Einzelsymptomen) nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen eine Störung des Neurotransmitter-Austausches zwischen Stirnhirn und Basalganglien (Steuerung der unbewussten Bewegungen) zugrunde. Dieses Areal wird Striatofrontaler Cortex genannt.
Der Neurotransmitter-Austausch durch Dopamin und das daraus gebildete Noradrenalin ist in diesem Gehirnareal bei Kindern mit ADHS deutlich herabgesetzt.
In gewissem Sinne ist ADHS also ein »Nachrichtenproblem«: Da unser Gehirn ja hauptsächlich intern vernetzt ist, d.h. also die einzelnen Gehirnareale hauptsächlich miteinander und untereinander und nur an ganz wenigen Schnittstellen mit der Außenwelt kommunizieren, wirken sich Mängel im dopaminergen sowie im noradrinergen System als Hemmschwelle für die störungsfreie Übermittlung von internen Botschaften aus. Schließlich sind jene Neurotransmitter und die ihnen zugehörigen Rezeptoren für jede Art von Übermittlung innerhalb des Gehirns beim Menschen zuständig.
»Verrauschte Nachrichten«
Stellen wir uns also - um ein plastisches und leicht nachvollziehbares Bild vor Augen zu haben - die Problematik so vor, als wären im Gehirn eines ADHS-Betroffenen einige Radio-Empfänger nicht ganz exakt eingestellt. »Gesendete« Nachrichten werden somit an der entsprechenden Empfangsstelle im Gehirn als »verrauscht« wahrgenommen. Obschon vielleicht die ganze Nachricht empfangen wird, können bestimmte Inhalte sehr oft eben nur undeutlich und damit rudimentär an Bestimmungsorten wie dem Kurzzeit- oder Langzeitgedächtnis, zuweilen aber auch dem Ort für »bewusstes Wahrnehmen« ankommen.
Rein medizinisch?
Ihnen, als interessierten Besuchern von KONZENTRUM ist damit sicher bereits klar geworden, dass eine rein medizinische Betrachtung nicht ausreichen kann. Die vorher beschriebenen biologischen Faktoren, auch benannt als »neurobiologisches Erklärungsmodell«, müssen durch psychologische und psycho-edukative Konzepte ergänzt werden. Auch ist nicht klar, ob die neurobiologischen Besonderheiten von aufmerksamkeitsgestörten Personen die Ursache ihrer Verhaltensauffälligkeiten bilden, oder ob diese nicht die Folge ungünstiger Nutzungsbedingungen, welche das Kind antrifft, darstellen. So gibt es beispielsweise nach Fr. Prof. R. Tannock heute »keine unstrittigen biologischen Kennwerte, durch die es möglich ist, aufmerksamkeitsgestörte von unauffälligen Kindern verlässlich zu unterscheiden«.
Gerade in der rein medizinischen Diagnostik wird also folgendes oft zu wenig beachtet:
Für den Verlauf und die individuelle Ausprägung spielt nach eingehender Recherche für KONZENTRUM sowie der Meinung vieler Experten, die Sozialisation eine erhebliche Rolle in der Ausprägung, sprich im schlussendlichen Verhalten der Kinder. Man nennt sie »psychosoziale Faktoren«.